22.9.06

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"Im achtzehnten Jahrhundert lebte in Frankreich ein Mann, der zu den genialsten und abscheulichsten Gestalten dieser an genialen und abscheulichen Gestalten nicht armen Epoche gehörte."

So lautet der erste Satz des bisher vielleicht packendsten Buches, das ich in meinem noch recht jungen Leben gelesen habe. Die Rede ist - wie sollte es anders sein - von Süskinds "Das Parfum", "Parfä", "Parfeng" oder wie man es auch sonst nennen mag. Dass das Werk wegen seiner Verfilmung derzeit in aller Munde ist, geht mir ehrlichgesagt ziemlich auf den Sack. Aber schließlich habe ich mich den breiten Massen gebeugt und mir den Streifen gestern Abend auch angesehen.

Im Großen und Ganzen würde ich meinen Eindruck als "zufrieden" beschreiben - zufrieden damit, dass das Buch nicht in einer dieser grausamen Literaturverfilmungen geschändet wurde. Es ist quasi die bestmögliche Spielfilmumsetzung so eines Buches. Dass ein Film das ihm zu Grunde liegende literarische Werk niemals übertreffen kann, ist schon allein durch die Einschränkungen des Mediums "Film" gegeben. Wobei ich bis heute noch nicht nachvollziehen kann, weshalb der sonst so abnorme Eigenbrödler Süskind die Filmrechte verkauft hat - vielleicht war es das nette Sümmchen von 10 Millionen Euro, das ihm Bernd Eichinger höchstpersönlich gezahlt hat.
Zurück zum Film: Dass das geballte 320 Seiten starke Werk all seine Facetten in einem knapp zweieinhalb Stunden langen Spielfilm nicht entfalten kann, war mir von vorneherein klar. Zu beschnitten war die Geschichte, sodass wichtige Abschnitte aus Grenouilles Leben - sei es seine zu unverständlich dargestellte Krankheit, sein fünfjähriger Aufenthalt im Plomb du Cantal samt der Anspielung auf die biblische Schöpfungsgeschichte oder mit dem Marquis de la Taillarde-Espinasse sogar ein nicht unbedeutender Charakter, schlichtweg unter den Tisch fielen. Schon fast wütend gemacht hat mich der Umstand, dass dem Zuschauer durch sülzige Flashbacks zum Mord an dem Mirabellen-Mädchen vorgegaukelt wird, dass Grenouille so etwas wie Liebe empfindet. Grenouille kann nicht hassen, nicht lieben, und noch weniger kann er geliebt werden.
Wiederum gefallen hat mir die visuelle Umsetzung - die über die ganze Strecke des Films sehr überzeugend war - der Hinrichtungs-Szene. Tausende von Leuten, die - durch ein olfaktorisches Meisterwerk beflügelt - allesamt miteinander ficken - Bürger, Magd, Bauer, Papst, Greis, Kind - alle haben sie es schlichtweg miteinander getrieben. Schon allein die Vorstellung ist grotesk. Leider etwas untergegangen ist die subtile Anspielung auf das Dritte Reich.
Nahezu begeistert war ich von Ben Whishaw - der Bursche hats einfach drauf, auch wenn ich mir zugegeben einen etwas hässlichen Darsteller für den Protagonisten gewünscht hätte. Seine Rolle als den Zeck Grenouille spielt er jedenfalls hervorragend - der verstohlene Blick, das verschmitzte Lächeln. Stellt euch den Typen mal in der Rolle eines paranoiden Drogenjunkies oder zynischen Serienmörders vor. Die deutsche Synchronstimmte hingegen würde ich am liebsten mit einer Bratpfanne erschlagen - sie wäre nach der des Anakin Skywalker mein zweites Opfer. Erwähnenswert wäre noch der überaus coole Score, den ich mir für die DVD-Fassung separat und in Surround-Sound abgemischt wünsche.

Lest "Das Parfum".

1 Comments:

Blogger Dav said...

Es gibt auch wirklich sehr gelungene Literaturverfilmungen, erwähnenswert hier sind Clockwork Orange, Carrie, Shining, Fear & Loathing in Las Vegas und Fight Club, es gibt so gar zwei Filme die besser sind als ihre literarische Vorlage, wobei dies aber keine Romane waren sondern eine Kurzgeschichte und ein Kalender, Riding the Bullet und der Werwolf von Tarker Mills.
Dein Blog gefällt mir, weiter so!

12:54  

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