30.9.06

H.E.R.B.S.T.

Aus allen Richtungen dröhnen Sirenen von Polizei, Feuerwehr und Krankenwagen; aus meinen hilflos überlasteten PC-Brüllwürfeln kracht At The Drive In mit "One Armed Scissor" in schlechter You Tube-Qualität, weil ich derzeit viel zu geizig bin, eines ihrer Alben zu kaufen; ich warte seit einer Woche darauf, dass dieser beschissene ebay-Verkäufer seiner Pflicht nachkommt und mir endlich Mansons "The Golden Age of Grotesque" schickt und zu allem Überfluss dreht aus mir unverständlichen Gründen ein Militärhelikopter seit 10 Minuten seine Runden direkt über meinem Wohnviertel.

Ich komme grade aus dem Supermarkt. Neben ein paar Bierreserven für das verlängerte Wochenende - dir mir helfen sollen, die plötzlich in Scharen ausgestrahlten guten Filme (Unbreakable, The Cell, Dead Man Walking, Kill Bill Vol.1, Dawn Of The Dead) zu überstehen - kaufte ich noch eine Flasche Cola und ein paar Dutzend Teelichte. Letztere wollte ich schon vor Ewigkeiten besorgen, denn es stehen kalte Jahreszeiten bevor - Zeiten, in denen ich mein Zimmer mit ätherischen Duftölen überflute. Des weiteren habe ich meine Lavalampe wieder betriebsbereit gemacht. Außerdem wird der linke Rearspeaker meiner Anlage wieder von dieser geschmacklosen, Helloween-Kürbislichterkette geziert, die ich alle Jahre gegen Ende September hervorkrame.
Mein kleines, aber doch irgendwie charismatisches Zimmer ist gewappnet für die kalten Jahreszeiten. Die Abende, an denen ich mir ein paar gute Filme ansehen, bis tief in die Nacht in ein gutes PC-Spiel versinke, ein fesselndes Buch lese oder einfach nur Musik höre und mich von diesen irren Duftölen benebeln lasse, können kommen.

Gestern klingelte gegen 14:30 Uhr mein Telefon. Der Schlesier war dran. Er spielt schon länger mit dem Gedanken, sich ein Piercing setzen zu lassen, und gestern sollte der Tag gekommen sein, an dem er diese Idee in die Tat umsetzen wollte. Er bat mich um seelischen Beistand bei diesem schrecklichen Ereignis, und weil ich so ein guter Mensch bin, sagte ich ihm zu. Später hätte ich es fast vergessen und radelte viel zu spät zum Treffpunkt. Obwohl ich noch fast pünktlich ankam, war weit und breit kein Schlesier in Sicht. Als das Arschloch nach 10 Minuten immer noch nicht gekommen war, hatte ich die Nase voll und haute ab. Später erfuhr ich, wieder am Telefon, dass er sich doch tatsächlich erst auf dem Weg hierher (er wohnt in einer Nachbarstadt) die Frage gestellt hat, wie und wo er sein angepeiltes Piercingstudio überhaupt findet. Gepierced ist er jetzt trotzdem, angeblich an der Augenbraue. Gesehen habe ich ihn noch nicht, aber spätestens Montag Abend bekomme ich ihn wieder zu Gesicht. Dann wird sich zeigen, ob er nicht nur so drauf ist wie ein Friseur, sondern auch so aussieht. Der Militärheli ist übrigens verschwunden.

24.9.06

Neid

Menschen kaufen Dinge
die sie nicht brauchen
von Geld
das sie nicht haben
um Leute zu beeindrucken
die sie nicht mögen

22.9.06

7613

"Im achtzehnten Jahrhundert lebte in Frankreich ein Mann, der zu den genialsten und abscheulichsten Gestalten dieser an genialen und abscheulichen Gestalten nicht armen Epoche gehörte."

So lautet der erste Satz des bisher vielleicht packendsten Buches, das ich in meinem noch recht jungen Leben gelesen habe. Die Rede ist - wie sollte es anders sein - von Süskinds "Das Parfum", "Parfä", "Parfeng" oder wie man es auch sonst nennen mag. Dass das Werk wegen seiner Verfilmung derzeit in aller Munde ist, geht mir ehrlichgesagt ziemlich auf den Sack. Aber schließlich habe ich mich den breiten Massen gebeugt und mir den Streifen gestern Abend auch angesehen.

Im Großen und Ganzen würde ich meinen Eindruck als "zufrieden" beschreiben - zufrieden damit, dass das Buch nicht in einer dieser grausamen Literaturverfilmungen geschändet wurde. Es ist quasi die bestmögliche Spielfilmumsetzung so eines Buches. Dass ein Film das ihm zu Grunde liegende literarische Werk niemals übertreffen kann, ist schon allein durch die Einschränkungen des Mediums "Film" gegeben. Wobei ich bis heute noch nicht nachvollziehen kann, weshalb der sonst so abnorme Eigenbrödler Süskind die Filmrechte verkauft hat - vielleicht war es das nette Sümmchen von 10 Millionen Euro, das ihm Bernd Eichinger höchstpersönlich gezahlt hat.
Zurück zum Film: Dass das geballte 320 Seiten starke Werk all seine Facetten in einem knapp zweieinhalb Stunden langen Spielfilm nicht entfalten kann, war mir von vorneherein klar. Zu beschnitten war die Geschichte, sodass wichtige Abschnitte aus Grenouilles Leben - sei es seine zu unverständlich dargestellte Krankheit, sein fünfjähriger Aufenthalt im Plomb du Cantal samt der Anspielung auf die biblische Schöpfungsgeschichte oder mit dem Marquis de la Taillarde-Espinasse sogar ein nicht unbedeutender Charakter, schlichtweg unter den Tisch fielen. Schon fast wütend gemacht hat mich der Umstand, dass dem Zuschauer durch sülzige Flashbacks zum Mord an dem Mirabellen-Mädchen vorgegaukelt wird, dass Grenouille so etwas wie Liebe empfindet. Grenouille kann nicht hassen, nicht lieben, und noch weniger kann er geliebt werden.
Wiederum gefallen hat mir die visuelle Umsetzung - die über die ganze Strecke des Films sehr überzeugend war - der Hinrichtungs-Szene. Tausende von Leuten, die - durch ein olfaktorisches Meisterwerk beflügelt - allesamt miteinander ficken - Bürger, Magd, Bauer, Papst, Greis, Kind - alle haben sie es schlichtweg miteinander getrieben. Schon allein die Vorstellung ist grotesk. Leider etwas untergegangen ist die subtile Anspielung auf das Dritte Reich.
Nahezu begeistert war ich von Ben Whishaw - der Bursche hats einfach drauf, auch wenn ich mir zugegeben einen etwas hässlichen Darsteller für den Protagonisten gewünscht hätte. Seine Rolle als den Zeck Grenouille spielt er jedenfalls hervorragend - der verstohlene Blick, das verschmitzte Lächeln. Stellt euch den Typen mal in der Rolle eines paranoiden Drogenjunkies oder zynischen Serienmörders vor. Die deutsche Synchronstimmte hingegen würde ich am liebsten mit einer Bratpfanne erschlagen - sie wäre nach der des Anakin Skywalker mein zweites Opfer. Erwähnenswert wäre noch der überaus coole Score, den ich mir für die DVD-Fassung separat und in Surround-Sound abgemischt wünsche.

Lest "Das Parfum".

19.9.06

Geld, Spielplätze, Einkaufswagen und jede Menge Bier

Ich komme grade aus der Schule. Zehn Stunden am Stück - ein verdammt harter Knochen, den ich sicherlich nicht jeden Dienstag kauen werde. Die letzte Doppelstunde durfte ich mit Dauerlaufen in einem von Pennern und sonstigen gescheiterten Existenzen nur so übersähten Park verbringen. Meine Waden fühlen sich an, als wären sie aus Beton gegossen.

Samstagnacht war berauschend. Der Schlesier feierte seinen 18. Geburtstag damit, eine nicht unbeachtliche Summe Geld mit uns in der Kneipe zu verpulvern. Nachdem wir also genug Energie getankt hatten, ging der Abend erst richtig los. Gegen 23 Uhr, als sich die weiblichen Gäste samt ihren Männern schon längst aus dem Staub gemacht hatten, verließ der Tüftler mit den Worten "Ich glaub, ich muss kotzen" schlagartig den Tisch. Obwohl ich es eigentlich besser wissen müsste, dachte ich, er würde bluffen und folgte ihm zu einem 50m entfernten Flusslauf. Kaum dort angekommen, enteignete er sich des explosiven Gemischs in seinem Magen mit einer cool aussehenden Fontäne, was - nicht zuletzt dank meines lauten Gelächters - die Blicke einiger Passanten auf sich zog.
Bevor wir unseren Blutalkoholspiegel mit der kalorienreichen Nahrung einer bekannten Fastfood-Kette ausglichen, machten wir einen kurzen Zwischenstopp an der Schule, um unsere randvoll gefüllten Blasen nach einer kurzen Kletteraktion am Eingangsportal der Turnhalle zu entleeren.
Anschließend torkelten wir - der Schlesier stockbesoffen - durch die halbe Stadt und fanden uns irgendwann an einem Spielplatz wieder, an dem passenderweise ein Einkaufswagen stehen gelassen wurde - unser Spielzeug für den Rest des Abends. Was sich mit so einem Einkaufswagen, einer Parkhausabfahrt, reichlich glattem Asphalt und einem modernen Klettergerüst alles anstellen lässt, bleibt eurer Phantasie überlassen.

Recht früh, aber umso erschöpfter und besoffener kam ich gegen 1.30 zu Hause an und legte mich sofort ins Bett. Man sagt, Alkohol veranlasst die Adern zur Ausdehnung, was Betrunkenen ein gefährliches Wärmegefühl vortäuscht - demnach müssten sich meine Venen jedenfalls auf Gartenschlauchdurchmesser aufgebläht haben, denn so heiß war mir lange nicht mehr, weshalb ich auch erst gegen 6 Uhr in den Schlaf fand.

14.9.06

Pay Off oder das Gefühl, ausgebeutet worden zu sein.

In den Sommerferien war ich mir zwischenzeitlich sicher, den idealen Nebenjob gefunden zu haben: eine kleine Presseagentur, die für den Lokalsport einer etwas größeren regionalen Zeitung schreibt. Dort war ich vor einigen Monaten Praktikant und bekam in Anbetracht der Tatsache, dass Schülerpraktikanten eigentlichen nicht bezahlt werden dürfen ein nettes Sümmchen für meine Artikel.
So weit, so gut, jedenfalls wurde ich von einem Kollegen, der ebenfalls mit mir Praktikant war, indirekt angeheuert - und als er mir dann von den 600 - 900€ erzählte, die ihm für 3 Wochen Arbeit versprochen wurden, blieb mir gar nichts übrig, als den Job anzunehmen. Ich (wir) waren natürlich so naiv, nicht direkt der konkreten Vergütung zu fragen - zwischendurch war mal so etwas von ungefähr 1€ pro Zeile (!) die Rede.
Mit allerlei technischen Spielzeugen, die ich mir von meinem Lohn kaufen könnte, im Hinterkopf, ging ich den Job total locker an und teilte mir meine Arbeitszeiten selbst ein - was mir als "Freier Mitarbeiter" auch zusteht. Ich schrieb teilweise zu Hause und fuhr nur in die Redaktion, um dem Artikel ein endgültiges Layout zu verpassen und lachte mir insgeheim ins Fäustchen, welcher dämliche Idiot einem halbstarken Gymnasiasten tatsächlich 1€ pro Zeile zahlt, denn an guten Tagen schreibt man locker mal 50 Zeilen in 20 Minuten runter. Insgesamt kam ich an acht sehr gemütlichen Arbeitstagen auf 344 Zeilen plus 3 Fotos, die ebenfalls vergütet werden. Nach meinen Rechnung müsste ich π * Daumen also 300€ - 400€ verdient haben.

Dass das nicht der Fall ist, könnt ihr euch sicherlich schon denken. Jämmerliche 97,12€ zeigte mein Kontoauszug. Gemeinsam mit meinem Kollegen, der sich ebenfalls für gänzlich unterbezahlt hält, werde ich in den nächsten Tagen mal meinen (noch) Chef aufsuchen, um ihm mal einen mächtig großen Haufen auf den Tisch zu scheißen.
Resultate folgen bald.

5.9.06

Prolog - "Nie ein Blogger"

Dies ist bei weitem nicht mein erster Versuch, einen Weblog bei den verschiedensten Anbietern zu erstellen und zu pflegen. Der Großteil dieser Versuche endete damit, dass der Blog spätestens nach dem dritten Eintrag verrottete. Dennoch lese ich hin und wieder mit interessiert die Weblogs anderer. Kurzum: ich war selbst nie beharrlich und ausdauernd genug, um etwas vergleichbares auf die Beine zu stellen, was dieses Experiment sicherlich nicht im besten Lichte erscheinen lässt.
Nachdem ich bemerkte, dass ich einen Blog im Sinne eines traditionellen Tagebuchs in etwa so verwalte, wie ein waschechter Messi seine Abstellkammer, kam ich zu dem Entschluss, das ganze etwas weniger in das Korsett eines fortlaufenden Protokolls meines bescheidenen Lebens zu zwingen, sondern entschied mich dafür, erzählenswerte Geschehnisse zu berichten, Gedankenskizzen zu dokumentieren oder Ereignisse zu kommentieren - und das alles auf höchst subjektiver Ebene, ungerecht und politisch nie korrekt.